„Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren". So lautet Artikel 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Wie die Würde von Menschen im Wortsinn mit Füßen getreten wird, zeigen die beschämenden Vorgänge in Tunesien. Jagd auf Menschen aus westafrikanischen Ländern. Migranten, die von ihren Arbeitgebern auf die Straße gesetzt werden, ungeachtet ihres Aufenthaltsstatus. Willkürliche Abschiebungen. Studierende mit Aufenthaltserlaubnis, auf die Hatz in den Straßen gemacht wird.
Staatschef Kais Saied ließ seinem Rassismus am 21. Februar in einer – vermutlich kühl kalkulierten – Rede freien Lauf. Er fabulierte von „Horden" illegaler Einwanderer, die in Tunesien „Gewalt und Verbrechen" zu verantworten hätten. „Diese Afrikaner" (als gehöre Tunesien nur geografisch zu Afrika!) seien Teil eines „kriminellen Unternehmens", das die „demografische Zusammensetzung" des Landes umbauen wolle (in Deutschland eine beliebte Verschwörungserzählung unter dem völkischen Begriff „Umvolkung"). Wie man offenen Hass schürt, weiß der immer autokratischer agierende Saied genau.
Die bedrückenden Vorgänge in Tunesien machten durch die sozialen Medien in Burkina Faso die Runde, als das SAIDA-Team anlässlich des Weltfrauentags gerade in der Hauptstadt Ouagadougou war. Die burkinische Regierung reagierte schnell – wie die Nachbarländer Mali und Guinea – und organsierte einen Rettungsflug für ihre Landsleute. Am 15. März kehrten 64 schockierte junge burkinische Studierende und Arbeiter in ihre Heimat zurück. Neben Misshandlung und Diskriminierung berichteten sie von unhaltbaren Zuständen auf dem Arbeitsmarkt, wo unverschämt niedrige „Löhne" die Regel sind.
Leider erinnern diese Berichte auch an Szenen, die sich in der Europäischen Union immer wieder abspielen. Jagd auf Migranten in Süditalien. Sklavenähnliche Bedingungen für Arbeiter aus Afrika auf den Feldern Südeuropas, damit die Tomaten in den Supermärkten billig bleiben. Parolen von rechtsextremen Politikern in sämtlichen EU-Ländern. Rassistisch motiviertes Morden in Deutschland.
Wir wollen aber auch positive Errungenschaften in den Blick nehmen: Dass die Problematik des strukturellen Rassismus diskutiert und besser erforscht wird. Dass rassistische Übergriffe dokumentiert werden. Dass so viele Akteure aus Institutionen und aus der Zivilgesellschaft sich gegen Rassismus engagieren. Dass es gut arbeitende Beratungsstellen für die Opfer rassistischer Übergriffe gibt, an die wir die Klientinnen der SAIDA Fachberatungsstelle verweisen können. Denn unsere Klientinnen berichten uns immer wieder von Situationen, in denen sie Alltagrassismus und Beleidigungen von Wildfremden ausgesetzt sind. So wissen wir aus nächster Nähe, dass noch viel zu tun bleibt.
Wir wünschen uns, dass Betroffene von Rassismus und Diskriminierung immer mehr Verbündete bekommen, die zuhören, lernen und sich an ihrer Seite gegen Menschenfeindlichkeit positionieren. Wir bei SAIDA sind jedenfalls zur Stelle und stehen für eine gleichberechtigte Gesellschaft ein.